Als Mutter eines nun 94 Wochen alten Kleinkindes ist man den ganzen Tag damit beschäftigt zu tricksen. Ich versuche ständig, mein Kind zu überlisten, um uns beiden das Leben so einfach wie möglich zu machen. Aber ganz verbieten kann man ihr ja vieles auch nicht. Schließlich muss sie es ja irgendwie lernen.
Angefangen mit den Schuhen: Lina liebt es, sich die Schuhe auszuziehen. Das macht sie dann auch gefühlte 700 mal am Tag: Setzt sich auf den Boden, schaut einen mit schief gelegtem Kopf lieb an und lispelt „auszieeeeeen“. Und entledigt sich ihrer Schuhe und rennt davon. So oft und schnell kann man ihr die Schuhe gar nicht wieder anziehen, wie sie sie sich auszieht. Und gerade, wenn wir draussen spielen, ist es mir zu riskant, dass das Kind barfuss läuft. Also wird getrickst und dem Kind werden die Wasserschuhe angezogen, die sie sich nicht allein ausziehen kann. Die sind zwar hässlich wie die Nacht, aber sicher ist sicher.
Oder die Sache mit den Brötchen: Ich esse zu Mittag gerne Brötchen und kaufe gleich eines mehr, das Lina dann Nachmittags wegknabbern kann. Lina liebt es, das Brot selber aus der Tüte zu holen. Wenn sie also mal wieder zickt, weil sie nicht das bekommt, was sie möchte, so muss ich es eigentlich nur in eine leere Brötchentüte stecken und Lina schnappt es sich mit Begeisterung und schnabuliert es weg. Wenn sie etwas trotz Tütentrick nicht isst, hat sich auch tatsächlich keinen Hunger.
Des weiteren kann man ihr nichts wieder wegnehmen, was man ihr mal gegeben hat. Wenn sie das oben genannte Brötchen also in mehreren Teilen essen soll (weil die Gefahr zu groß ist, dass sie es fallen lässt), dann muss man das Brötchen VOR der Aushändigung zerteilen.
Als da zum Beispiel auch die Türklinken wären. Lina kann seit ein paar Wochen selber Türen öffnen. Für sie natürlich ein großes Stück Freiheit. Für uns sehr anstrengend, weil sie uns sonst gerne stiften geht. Und ins Badezimmer darf sie zum Beispiel nicht allein, weil sie sich gern die Zähne mit der Klobürste putzt und anderen Dummsinn anstellt. Deshalb habe ich die neuralgischen Klinken mal senkrecht gestellt. Das hält sie erfolgreich zurück.
Und dann noch der Fahrrad- bzw Autositz. Ich hatte neulich ja schon darüber geschrieben, dass Lina gerne die Gurte über die Schultern streift. Im Auto habe ich jetzt einfach Karabinerhaken in Brusthöhe angebracht, die dann die Gurte verhaken. Bei allem, was man da macht, muss man ja auch im Auge behalten, dass es nicht zu mühselig sein sollte, weil ich Lina ja unter Umständen mehrmals am Tag anschnallen und abschnallen muss. Und zweitens muss es im Notfall ja eventuell sehr sehr schnell gehen das Kind abzuschnallen.
Auch auf dem Fahrrad hab ich einen Trick gefunden: Wenn ich die Gurte miteinander verzwierbele vorm Einstecken in die Schließe, dann kann Lina sie sich auch nicht abstreifen.
Also tricksen wir uns durch Leben auf dem schmalen Grad zwischen Erfahrungen, die das Kind machen sollte und denen, die sie auf keinen Fall machen darf.
P.S.: Für die Statistiker: Lina hat die 90cm Marke überschritten. #BigGirl